Komm, tauch ein, auch hier kann es so richtig gemütlich sein!

Freitag, 16. März 2018

Wie Ihr vielleicht wisst,

habe ich diesen Blog damals angefangen, um Betroffenen Mut zu machen und meine Erfahrungen mit der Schizophrenie zu teilen.

Wenn ich jetzt mutig genug wäre, um den Blog wieder öffentlich zu machen, würde noch die Vision hinzukommen, Unwissende aufzuklären. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Jedoch habe ich immer mal wieder und auch in letzter Zeit den Gedanken, dass ich hier vielleicht zu viel rumjammere und gerade in den letzten Jahren zu wenig Positives in diesem Blog eingebracht habe.

Dann wiederum denke ich, dass ja genau so mein Leben in den letzten Jahren abgelaufen ist. Viele viele, ja, viel zu viele Täler und kaum Zeiten zum Verschnaufen. Und außerdem nutze ich diesen Blog immer mehr als reines Tagebuch für mich, um später nachlesen zu können und somit einen Überblick zu haben, ob sich die Krankheit deutlich verschlechtert hat. Naja, und natürlich auch zum Von-der-Seele-Schreiben.

Schizophrenen wird ein Tagebuch empfohlen. Vielleicht auch, weil durch die Wahrnehmungsstörung vieles krasser empfunden wird (so geht es wahrscheinlich mir) oder auch in nahen Zeitfenstern nicht mehr richtig in der Erinnerung eingeordnet werden kann. Das kann nämlich zu krassen Fehleinschätzungen führen. Ok vielleicht nicht immer krass, aber eben Fehleinschätzungen.

Aber, um nochmal zu der Öffentlichmachung des Blogs (komisches Wort, aber mir fällt gerade kein anderes ein) zurück zu kommen. Ich hab keine Angst, mich hier nackig zu machen, solange nur ganz enge Freunde wissen, wo ich wohne und wie mein Nachname ist. Aber ich habe Bedenken, dass ich in der Psychose hier von ganz fiesen Mitmenschen in den Kommentaren zu etwas getrieben werde, was ich später bitterlich bereuen würde. Darauf hat mich eine Mitpatientin im Sommer gebracht. Sie hat auch schon oft Psychosen gehabt, viel krassere als ich in den letzten vielen Jahren, vielleicht so, wie ich beim allerersten Schub. Kennt sich also in der Materie sowas von aus, hat sie doch auch schon alle Facetten der Krankheit bewusst durchlebt. Und ich kann ganz einfach in der psychotischen Phase nicht die Hand für mich ins Feuer legen. Da ist wirklich gar nichts mehr steuerbar. In dieser extremsten Form habe ich die Krankheit zum Glück in den ganzen 20 Jahren nur zweimal erlebt. Das letzte Mal leider sehr zeitnah, nämlich im Sommer.

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Seit Montag bin ich erstaunlicher Weise hellwach, total positiv, lustig bis zum Anschlag, voller Elan und Freude am Leben. Von einem Tag auf den anderen. Am Sonntag hatte ich noch ganz starke Depressionen. Zum Glück stellt nicht mal mein Schatz fest, dass ich dabei unnatürlich rumspinne und nicht nachvollziehbare Ideen habe. Und auf meine Ärztin habe ich am Dienstag auch keinen übertriebenen Eindruck gemacht. Das Einzige, was mich an der ganzen Sache stört, dass ich teilweise wie ein Traumwandler durch die Gegend laufe. Ich bin ständig in Gedanken - aber nicht grüblerischen sondern einfach nur in schönen und interessanten. Aber eben so, dass wenn  der eine Gedanke noch gar nicht zuende ist, schon der nächste folgt. Und das immerzu, wenn ich nicht gerade Fernsehen gucke oder mich mit meinem Schatz unterhalte. Also auch auf der Straße. Das ist dann schon nicht mehr so lustig. Aber es macht mich auch nicht fertig. Ich genieße einfach dieses wunderschöne Hoch und staune über mich selber, was ich auf einmal alles wieder denke. So als bin ich endlich wieder aus dem 3-jährigen Winterschlaf erwacht.

Ok, diese Phase ist erst ganz ganz kurz, noch nicht mal eine ganze Woche. Ich muss abwarten und schauen, wo die Reise diesmal hingeht. Wünschen tue ich mir, dass darauf eine ganz ganz lange Phase der Ausgeglichenheit folgen würde. Aber, naja ... Das Leben ist ja nun mal kein Wunschkonzert. Aber zurzeit habe ich keine Angst davor, was nach dieser Phase kommen wird und auch nicht davor, dass sie schnell wieder vorbei sein könnte. Wie gesagt, ich bin gerade voll am Genießen und ein bisschen auf mich Aufpassen. ;o)

Und versuche, die Bälle flach zu halten.

Sonntag, 11. März 2018

11. März - Vor einem Monat

habe ich den letzten Post geschrieben.

Handarbeitstechnisch stricke ich Socken. Suche immer wieder neue Herausforderungen, die ich dann gedanklich beginne, welche mich aber überfordern. Ich wollte wieder einmal einen Pullover anfangen zu stricken. Erst einmal für unseren Teddy, der ähnliche Proportionen hat wie ich *lach* (Kuschelbauch). Aber schon bei der Planung schwirrte mir so sehr der Kopf, dass ich aufgeben musste.
Dann hatte ich die Idee, mir eine Stola für die Hochzeit meines Sohnes zu häkeln. Häkelschrift habe ich verstanden. Wolle war schnell bestellt. Aber dann hatte ich noch den Geistesblitz, dass ich ja gar nicht mehr so richtig am Boden knien kann, um das Tuch dann noch zu spannen. Also, Wolle wieder storniert. Ich glaub, das war auch so die richtige Entscheidung, weil das Häkelmuster schon einiges an Konzentration gefordert hätte. Und seit der letzten Psychose im Sommer ist Konzentration noch viel anstrengender und auch teilweise unmöglich geworden. Ein angefangener Sommerloop im Lochmuster musste auch wieder zur Seite gelegt werden.
Also stricke ich weiterhin Socken so vor mich hin. Und immer, wenn ich so einen Ausflug in andere Gefilde gemacht habe, bin ich auch wieder froh, dass ich mein Sockenstricken habe. Immerhin besser als nichts.

Weiterhin versuche ich, recht regelmäßig zu meiner Gruppe zu gehen. Es klappt nicht immer, aber oft. Und das immerhin mit dem Bus. Meine Gruppe gibt mir weiterhin sehr viel. Wir sind schon eine tolle Gemeinschaft. Ich freue mich auf übermorgen, da übergebe ich unserer die Gruppe leitenden Psychologin ein paar selbstgestrickte Babysocken. Einerseits scheidet sie aus der Klinik aus, weil ihr befristeter Arbeitsvertrag ausläuft. Andererseits bekommt sie ein Baby. Also gibts zum Abschied etwas fürs Kind.

Ansonsten mache ich nicht viel mehr. Versuche, die wichtigsten Arzttermine, Friseur und Fußpflege nicht abzusagen und wenn es etwas besser geht, hänge ich mich an meinen Schatz, wenn er spazieren geht.

Aber ich will ehrlich sein. Den größten Teil der Woche hänge ich im Bademantel zu Hause rum. Kann mich nicht zum Duschen aufraffen, Zähneputzen geht gerade mal so. Denn die Depressionen haben mich noch weiterhin voll im Griff. Es geht mal ein paar Tage, an denen ich durchatmen kann. Aber dann sind sie wieder mit aller Gewalt da. Jetzt gerade wieder quälen sie mich sehr stark. Ich nehme gerne jedes Zipfelchen, was mich ablenkt. Heute hatten wir zu Hause schöne Gespräche, die haben mir gut getan. Aber sobald die Ablenkung fehlt, kommen die Qualen mit aller Gewalt. Noch zweimal 25 mg im jeweiligen Abstand von mindestens 2 Wochen habe ich von dem Medikament (Lamotrigen) nach oben Luft. Ja, ich halte durch und versuche, dass die Hoffnung nicht schwindet. Meine Psychiaterin glaubt immer noch dran, dass es das richtige Medikament für mich ist.

So, und nun gucke ich mal nach meinem Schatz, den Fleißigen. Vorhin hatte er mal eine Erholungsphase mit Freude beim Fußball, weil sein Heimatverein einen wichtigen Punkt geholt hat.