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Mittwoch, 26. Oktober 2016

Was will ich wirklich?

Dieser Satz steht zurzeit ganz groß über mir.

Durch meinen Recovery-Plan und seit 3 Wochen nun auch durch die Zusammenarbeit mit dem Ambulanten Betreuten Wohnen ist meine Welt doch aus den Fugen geraten.

Ich arbeite an mir und das möchte ich auch wirklich. Seit dem Moment, wo ich einem Selbstmordwunsch so nah war, ist mir klar, ich muss etwas grundlegend ändern.

Dafür bekomme ich ja auch Hilfe, worüber ich sehr dankbar bin.

Aber es verwirrt mich und schlaucht mich und laugt mich aus. Ich bin nur noch ein Nervenbündel.

Dann denke ich an die Worte aus dem Begleitheft zu dem Recovery-Plan, dass es auch anstrengend und belastend und aufwühlend werden wird, bis man das Ziel der Genesung erreicht hat.

Aber schön ist das nicht.

Das liegt auch daran, dass ich am liebsten gleich alles umkrempeln würde. Ja, so bin ich. Dabei würde mir langsames Vorgehen besser bekommen.

Ja, alles sofort umkrempeln, und dann, wenn es weh tut, gleich wieder aufgeben.

Naja, es tut ja nicht nur so weh, als wenn man sich mal irgendwo anrempelt, wo man förmlich zugucken kann, wie der Schmerz nachlässt.

Nein, ich bin den ganzen Tag kein richtiger Mensch, grüble, was für mich richtig ist, welchen Weg ich gehen will. Das macht mich fertig, weil ich zu keinem Ergebnis komme. Dann bin ich überempfindlich und gereizt und die Tränen kommen noch schneller als sonst.

Hinzu kommt, dass in den begleitenden Gesprächen vieles in mir hochkommt, was richtig weh tut. Wie gestern, das Thema "meine Kinder". Ich war danach fix und fertig, habe stark geweint und konnte mich nur schlecht beruhigen.

Noch heute früh war ich ein Häufchen Elend.

Ich brauch jetzt mal eine deutliche Linie. Diese Orientierungslosigkeit zeigt sich auch in meinen Handarbeiten. Immerzu gehen die Gedanken hin und her. Will ich lieber nur noch was für mich stricken? Bleibe ich dabei, immer nur anderen Freude zu bereiten? Hin und Her und Her und Hin. Die angefangenen Projekte werden immer mehr.

Am liebsten würde ich meine ganzen Handarbeitsfächer im Schrank ausmisten, leer räumen, so dass nur noch ein Projekt übrig bleibt. Und genauso würde ich auch gerne meinen Kopf ausmisten.
Ich kriege das nicht gebacken, wenn so viel in mir und um mich herum schwirrt.

Ich hab jetzt erst einmal alle angefangenen Projekte in die Schränke gepackt. Jetzt ist nur noch eine angefangene Socke für mich in meiner Handarbeitsecke an der Couch sichtbar.
Nun muss ich noch mit den Gedanken klar kommen, was ich mit den anderen angefangenen Projekten mache und vor allem meine Pläne für Weihnachtsgeschenke abhaken.

JA! Das gefällt mir. Nur noch die Socken für mich im Kopf und auf den Nadeln. Und die Linie meiner langsamen Aktivierung verfolgen. Mit kleinen Schritten.
Langsame Aktivierung, das heißt für mich als erster kleiner Schritt wirklich jede zweite Woche das Bad zu putzen. Wenn ich das wieder regelmäßig schaffe, dann habe ich schon den ersten kleinen Sieg errungen.
Nächste Schritte sind das tägliche  Rausgehen und mich öfter mit Freunden treffen. Daran arbeite ich ja auch schon. Ich hab schon Kontakt zu Freundinnen aufgenommen und in dieser Woche war ich schon zwei Tage mehrmals draußen.

Also, was will ich denn eigentlich ... ich hab doch eine Linie.

Hier nochmal die Zusammenfassung für mich:

Jede zweite Woche Bad putzen
So oft wie möglich raus gehen
Freunde treffen
Socken für mich stricken

Ich werde berichten. Und jetzt gehe ich eine Runde draußen spazieren, danach stricke ich fröhlich an meinen Socken und morgen putze ich das Bad. Schon bin ich im Fluss und auf meiner Linie.