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Montag, 24. Juli 2017

Meine liebe Brigitte,

wie das Leben so mit einem spielt, bin ich letzten Dienstag als Notfall wieder in meine Klinik gegangen. Ich bin sozusagen wieder am selben Ort, wie 4 Tage vorher - im selben Bett mit derselben Zimmernachbarin. Als hätten beide auf mich gewartet.

Ich schreibe jetzt hier vom Handy aus. Der modernen Technik sei es gedankt. ;o)

Ja, da hat mich doch die Psychose mit der vollen Breitseite erwischt. Wegen extrem echter, von fremden Bildern begleiteten  Suizidgedanken, die nicht von mir waren, entschloss ich mich in Absprache mit meiner Ärztin, die Station erst einmal nicht zu verlassen. Und so ist es auch jetzt noch.

Ich hab Zeiten, wie heute Abend, an denen ich wunderbar angenehm klar im Kopf bin. Aber viele Stunden bekomme ich kein klares Wort aus meinem Mund, habe Gedanken, die durcheinander purzeln, ecke überall an und laufe wie betrunken durch die Station. Kein schönes Gefühl, sich nicht so normal zu verhalten, wie die anderen hier. Somit gehöre ich zu der Gruppe hier, die mehr oder weniger verwirrt sind. Und ich kann Dir sagen, wir 4 verstehen uns untereinander sehr gut. Wir müssen nur ganz ruhig an die Gespräche heran gehen und nicht so aufgeregt. Sonst purzeln die Worte wieder.

Nochmal zu den Suizidgedanken, damit Du es besser verstehst: ich habe als Halluzination meinen Fön als Großbild vor mir gesehen und völlig fremde Gedanken sagten mir, dass ich mich doch damit erhängen kann. Das war sehr gruselig für mich. In diesen Tagen stieg auch mein Blutdruck auf über 200. In voller extrem starker Panik bat ich meine Zimmernachbarin, unsere Föhne in ihren Schrank zu schließen. In kürzester Zeit bekam ich dann Bilder von allen möglichen Gegenständen mit den selben Gedanken begleitet. So schnell konnte niemand gucken, wie ich alles zusammen packte und panisch zu den Schwestern brachte. Vom gesamten Strickzeug, über die Nagelschere, mein Schlüsselband und das Ladekabel, brachte ich alles hin.

Heute kann ich sagen, dass ich den ersten Tag seit Donnerstag nicht mehr solche Gedanken habe. Gestern hatte ich nur nochmal einen Anflug voll Panik, weil ich mir nicht sicher war, ob ich auch meine Nagelfeile abgegeben hatte. Aber als ich das nachprüfte, war ich sehr beruhigt. Sie war natürlich auch bei den Schwestern.
Heute hatte ich "nur" die vielen oben beschriebenen Stunden voller Verwirrtheit. Naja, das reicht zwar auch. Aber ich sehe langsam das Licht am Ende des Tunnels. Der alte Kampfgeist ist wieder in mir erwacht. Wie lange musste ich ihn vermissen.

Mein Schatz leidet natürlich unendlich mit. Das könnt Ihr Euch sicher vorstellen. Um ihm Mut machen zu können, mobilisiere ich natürlich auch meine Superwoman-Kräfte. Das erinnert mich sehr an meine Zeit mit dem Krebs. Alle Lieben sagten mir damals: "Ina, Du machst uns Mut. Dabei sollte es doch andersrum sein". Ja, genau diese Kraft spüre ich wieder in mir.

Ja, meine liebe Brigitte, ich hab wieder Großes vor mit meinem Blog. Du wirst staunen, ich hab ihn wieder öffentlich gemacht. (Und schwubdiwub, hat mir gleich unsere Elke geschrieben 😊).
Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wieviel wertvolle Notizen ich mir in den letzten Tagen für mein "Baby" im Handy gemacht habe. 30? ... ca. ☺️

So, und nun wünsche ich Euch noch einen schönen Abend.

Ich selbst werde noch ein bisschen nach meinen Notizen schauen.

Tschüssi Ihr Lieben 🤗